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Ute Bales Roman "Die Welt zerschlagen"

Eine Rezension von Detlef Foth

 

Zunächst: Dadaismus interessiert mich nur am Rande, von Angelika Hoerle hatte ich einmal gelesen, war mir aber nicht sicher. Über Ute Bales "Großes Ey", ein äußerst gelungenes, ja, großes Buch, stieß ich, nun sehr neugierig geworden, auf weitere Titel von ihr: "Unter dem großen Himmel" und "Peter Zirbes" sprachen mich intuitiv an, und doch fiel die Wahl auf "Die Welt zerschlagen". Warum? Es war mir, als wollte das Buch zu mir finden. Gut so, denn dieses Buch werde ich wohl kaum je vergessen.

Das Genre des biografischen Romans zeichnet sich vor allem durch ein Scheitern an ihm aus. Um die sogenannte Romanbiografie haben sich etliche Autoren vergebens bemüht, früher wie heute, denn die Romanbiografie zählt zu dem Anspruchsvollsten in der Literatur und man kann, wie schon erwähnt, auf vielfältige Weise an dieser Aufgabe scheitern. Oftmals ist die Bewunderung für die erwählte Figur allzu groß, sodass die Schwärmerei des Autors den Leser verlegen macht; oder es mangelt ihm an Anstand und dem nötigen Respekt seiner Figur gegenüber, was den Leser natürlich verärgert. Sehr häufig sind gerade biografische Romane von unschöner Musikalität, wird die Sprache vernachlässigt; der Umgang mit dem letztlich sehr Intimen einer Lebensgeschichte, zudem ja der Lebensgeschichte eines meist Fremden, erfordert ein hohes Maß an Moral, literarischem Vermögen, auch an Klugheit, wenn nicht sogar, ich übertreibe nicht, an Weisheit, einer durch Erfahrung gewonnenen Lehre, wie es trefflich heißt. Kurz, wir haben mit Ute Bales Buch "Die Welt zerschlagen“ den Beleg dafür, dass es durchaus möglich ist, einen Biografieroman zu schreiben, der gelingt und gelungen, ja, großartig ist in dem leisen Ton, mit dem eine große menschliche Tragödie beschrieben wird, einen biografischen Roman, der in seiner Vielschichtigkeit, seiner Wahrhaftigkeit, seiner Verve seinesgleichen sucht. Sprachlich ist der Roman, wie ich finde, ausgezeichnet, nie kommt es, bei aller Problematik des Stoffes, zu einem Misston, einer, auch nur der geringsten literarischen Entgleisung; der ganze Text ist sicher, atmosphärisch dicht, die Dialoge glaubhaft, die Dramatik verhalten. Beschrieben bzw. nacherzählt, vielmehr nachempfunden wird das Leben der Angelika Hoerle, 1899 in Köln geboren und ebenda mit schon vierundzwanzig Jahren gestorben, Tochter eines Möbelschreiners, zunächst Lehre als Modistin, dann, Autodidaktin, die sie war, als Grafikerin und Malerin der Kölner Dada-Gruppe „Stupid“ zugehörig.

Nimmt man nur diese Fakten, fragt man sich unwillkürlich, wie Ute Bales aus diesem spröden Stoff ein derart bemerkenswertes Buch hat machen können. Vielleicht irre ich mich, aber ich denke nicht, dass Angelika Hoerle eine geniale Künstlerin war, auch war sie sicher keine Frühvollendete, aber ich irre mich gewiss nicht darin, dass es in diesem Roman gar nicht ausschließlich darum geht; denn es geht um sehr viel mehr; dieser Roman handelt von einer mutigen jungen Frau, die gegen alle Widerstände ihrer Zeit, gegen alle Konventionen und Hindernisse gelebt, gekämpft und gewirkt hat. Ein Porträt aus feministischer Sicht, ein Antikriegsroman obendrein, das Drama einer scheiternden Ehe, ein Buch über Verrat, über den Unwert falscher Komplizenschaft.

Die Künstlerin bricht gezwungenermaßen mit ihren Eltern bzw. umgekehrt, als sie sich zu dem Maler Heinrich Hoerle bekennt und ihn heiratet.
Neben Momenten der Euphorie, des Aufbruchs und der Innigkeit, überwiegen aber sehr bald Disharmonie, Schweigen bzw. Sprachlosigkeit, Verzweiflung, Eifersucht, Ambition. Heinrich Hoerle wird sehr subtil beschrieben, eine große Kunst, wie ich finde. Heinrich Hoerle, ein Mann mit großem Selbstanspruch, zudem ein Mann, dem es schwerfällt, eine gleichberechtigte Partnerin zu ertragen, womöglich eine mit einem größeren Talent, eine Frau, die möglicherweise größere Aufmerksamkeit erregen könnte, als er, Maler Hoerle. Hier beschreitet Ute Bales ein ganz kompliziertes Terrain, und sie meistert es mit großem Fingerspitzengefühl: Hoerle ist ein mittelmäßiger Maler -möglich, aber kaum wahrscheinlich, dass ich mit dieser Einschätzung falschliege -, unsicher im, wie es scheint, sich hart abgerungenen Selbstausdruck; seine Bilder wirken bemüht, haben keine wirkliche Kraft; es fehlt das Spielerische, das allen großen Meistern eigen ist. Ein Mensch, vom Ehrgeiz zerfressen, stets eifersüchtig, selbst da, wo er es noch nicht mal wirklich ist; sein gelegentlicher Humor wirkt aufgesetzt; er ist nicht großzügig, in keiner Weise, sein geringes Talent und sein wankelmütiger Charakter lassen dies nicht zu.

Ute Bales erzählt unsentimental und doch bzw. vielmehr überaus empathisch, niemals urteilend oder gar verurteilend, wie Angelika Hoerles Versuch der Befreiung aus der kleinbürgerlichen Enge scheitert, und zwar ganz allmählich, so wie es bei den meisten Katastrophen der Fall ist, ganz ohne Schuld, indem sie unvermutet in die nächste Beengung gerät, die der Ehe, schlimmer noch, die der Ehe mit einem mittelmäßigen Maler, der sie mit Idealen lockt, die er anschließend aus reiner Selbstsucht verrät.

Es gibt viele Schilderungen in diesem Roman, die, so nebensächlich sie zum Teil scheinen mögen, von Bedeutung, ja, kostbar sind: wie sie Mehl "stiehlt", um Heinrich dünne Pfannkuchen zu machen, der diese vertilgt, nur um gleich darauf wieder in schlechte Laune zu verfallen. Die mühselige Reise zu Freunden in der Eifel, all die Utopien, die ausgetauscht werden, die außergewöhnlich tröstliche Figur des Jankel Adler, die ganz besondere Figur des Bruders Willy, der kurze Rausch des Karnevals: großartig beschrieben. Wie der Erste Weltkrieg ausbricht: ein Monstrum, das zunächst alle für unmöglich, dann für durchaus möglich und schließlich für unvermeidbar halten, ein Krieg, der alle Werte in Frage stellt, sämtliche Neurungen schon im Ansatz ad absurdum führt: glänzend beschrieben!

Hunger, ewige Geldnot, Kälte, Einsamkeit: und Angelika Hoerle denkt ans Zeichnen! Was für eine Frau, was für eine Haltung! Und Ute Bales vermittelt uns das!

Besonders beeindruckend und von beklemmender Realität sind Bales Schilderungen von Angelika Hoerles jäher Tuberkulose-Erkrankung, dem Mann Heinrich, der entsetzt, gar angewidert, das Weite sucht, seine Frau mittellos sich selbst überlässt - ein Wiederholungstäter im Übrigen. Das lange Siechtum der Künstlerin, das monatelange Sterben in großer Verlassenheit: Um so etwas zu beschreiben, bedarf es schon einiges!

Ute Bales hat den Mut und auch die Fähigkeit, eine jener "Randfiguren"
der Kunstgeschichte dem Vergessen zu entreißen, etwas längst Erloschenes zu beleben, Lebenswege, die uns heute schemenhaft erscheinen, deutlich nachzuzeichnen - sie sagt nicht, wir haben Angelika Hoerle verloren, sie
sagt: Hier, bitte sehr, Angelika Hoerle, so lebte sie, so dachte sie, so sprach sie - und ich verbürge mich dafür, dass all dies der Wahrheit entspricht! Und warum behauptet die Autorin das? Weil Ute Bales diese Wahrheit für die einzig mögliche hält, und das aufgrund von Intuition, Imaginationskraft, Wissen und vermittels großer Recherche. Sie sagt, wir gehen einmal von dieser Wahrheit aus, denn eine andere haben wir nicht.
Und damit, mit dieser Herangehensweise - hier eben am Beispiel der Angelika Hoerle-, ermöglicht sie es dem Leser, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie vielschichtig, wie brisant, wie ungewöhnlich Kunstgeschichte ist, von wie vielen Schultern sie getragen wird, dass Kunstgeschichte ein Prozess ist, niemals abgeschlossen, dass ein Künstlerleben so viel mehr ist, als eine Anekdote, die man an einem launigen Abend zum Besten gibt. Sie teilt dem Leser auf unaufdringliche Weise mit, dass es bei einem Künstlerleben, sofern es sich denn um ein solches auch tatsächlich handelt, immer, und zwar ohne Ausnahme, immer und immer wieder um eine Frage des Seins oder des Nichtseins geht, um Leben und Tod also.

Bald jährt sich Angelika Hoerles Todestag zum hundertsten Mal, und selbst wenn einem ihre Kunst unverständlich und fremd bleiben  sollte, so war sie doch eine tapfere und außerordentliche junge Frau, die ihr Leben im Namen der Kunst und der Liebe - man sehe mir das Pathos meiner Worte nach - nachgerade geopfert hat; ich meine, wir sollten ihr unsere Reverenz erweisen.

Ute Bales Roman erschien bereits 2016; er verdient eine größere Beachtung und bedarf einer Neubewertung, denn wir haben es hier mit einem jener seltenen Biografieromane zu tun, die von zeitloser Gültigkeit sind.

Abschließend noch folgende Überlegung: was hätte Angelika Hoerle wohl zu Ute Bales Buch gesagt?

Danke!

Vermutlich? Nein, ganz sicher.

 

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Detlev Foth
 Düsseldorf

www.detlevfoth.de

Stefan Sauer und Wolfgang Steche. Gesichter des Krieges. Auf den Schlachtfeldern Europas 1939 – 1945. 


Der Markt quillt über von Büchern, die sich mit den Weltkriegen beschäftigen. Viele davon erschienen in der vergangenen Zeit anlässlich der wiederkehrenden Jahrestage. Manche davon sind hervorragend recherchiert, anderes nur kompiliert und daher für Leser, die sich mit der Militärgeschichte intensiv befassen, durchaus verzichtbar.
Anders das vorliegende Werk der beiden Autoren, bei denen man sich hüten sollte, sie als Hobbyhistoriker zu bezeichnen. Es ist durchgehend gut lesbar geschrieben und bietet eine Fülle von Informationen, die auch dem Leser ohne geschichtliche Vorkenntnisse einen guten Einblick in das damalige Geschehen vermitteln. Ein Glossar am Ende des Buches klärt über Begriffe auf, die eben nicht jedem geläufig sein dürften.
Das Buch behandelt die Geschichte der Wehrmachtseinheit des Maschinengewehr-Bataillon 10 von der Aufstellung bis zu seinem Ende 1945 und noch darüber hinaus. Hier wird Geschichte im Großen und im Kleinen dargestellt. Nicht vergleichbar mit Regimentsgeschichten, die die Akteure als Gesamtheit glorifizieren und dabei nicht auch den Blick auf den einzelnen Angehörigen des behandelten Truppenteils richten. Zudem finde ich es lobenswert, gleich im Impressum den Hinweis auf die Vorläufigkeit der Veröffentlichung zu betonen. Man darf gespannt sein. Das Werk bildet das Ergebnis eines intensiven Quellenstudiums und gibt den hautnahen Blick auf einzelne Mitglieder der Truppe und ihr Schicksal während des zweiten Weltkrieges frei. Die Verquickung von Fotografien und Feldpostbriefen führt den Leser mitten in das Geschehen und stellt fast ein persönliches Verhältnis zu den Soldaten her. Man findet gegen Ende die Portraits der Beteiligten und hat so ein Gesicht der Menschen als Individuen. Ich finde, ein äußerst gelungener Ansatz, sich mit Geschichte zu befassen.
Eben „Militärgeschichte von unten“ im wahrsten Wortsinn ohne dabei den größeren Zusammenhang aus dem Auge zu verlieren.
Dieses auch handwerklich sehr gut gemachte Buch im Querformat besticht durch die Hochwertigkeit des benutzten Papiers, welches die Fotografien brilliant wiedergibt. Besonders hervorzuheben ist auch das Lektorat, wobei es bedauerlich ist, dass der Name des Lektors nicht erwähnt wird. Bis auf zwei Ungenauigkeiten bei den Bildunterschriften finden sich im gesamten Buch keinerlei Fehler. Heutzutage ist das nicht selbstverständlich. Also auch hier ein großes Lob.
Ein lesens- und sehenswertes Buch.

 

Michael Wemhöner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Wehrgeschichtliches Museum Rastatt

Das Leben geht weiter, bis alles Wüste ist

Zu Ute Bales‘ neuem Roman „Vom letzten Tag ein Stück“, Zell a. d. Mosel 2021

Von Klaus Hansen

 

Autorin
Ute Bales ist 1961 in Borler geboren, in Lissingen aufgewachsen und in Gerolstein zur Schule gegangen. Sie hat Germanistik, Politologie und Kunst studiert, zunächst in Gießen, dann in Freiburg, wo sie heute als freie Schriftstellerin lebt. Die vorliegende Geschichte ist ihr achter und bislang persönlichster Roman. Unter den vorangehenden sieben Büchern befassen sich drei mit dem Leben in der Eifel: „Der Boden so dunkel“, 2006 (neu erschienen als „Amerika ist weit“, 2018); „Kamillenblumen“, 2008; „Peter Zirbes“, 2010, „Unter dem großen Himmel“, 2012.

 

Es geht um alles
Die Vernichtung der Eifel ist das Thema. Und die Ohnmacht des Widerstands. Die Ich-Erzählerin und ihr Freund Bertram M. sind Kinder der Vulkaneifel und erleben Kindheit und Jugend in den 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Das Kuhdorf heißt Lissingen, 500 Einwohner, und der Hausberg heißt Wöllersberg, 481 Meter über NN. Ein Vulkan, der erst gestern gespuckt hat, vor gerademal zehn-, vielleicht zwanzigtausend Jahren, ein erdgeschichtlicher Wimpernschlag. Der Schoß ist also warm noch, aus dem es kroch. Aber wer denkt noch so? Bertram schon. Er „lebt in einer Gegenwart, die aus Vergangenheit besteht“, heißt es an einer Stelle des Buches. Bertram ist von Kindesbeinen an ein Unangepasster im Kuhdorf. Kein Wunder, war der Vater doch evangelisch und die Mutter zwar katholisch, aber ohne Sinn für Ordnung. Bertram verteidigt altes Erfahrungswissen, das er früh erwirbt, weil es im neuen wissenschaftlich gewonnenen Wissen verloren zu gehen droht, das sich ohne rot zu werden „smart“ und „evidenzbasiert“ nennt.
Bertram kann aus Steinen Funken schlagen und Feuer machen. Er kann Flötentöne mit den Wildtieren tauschen. Selbst aus giftigen Pilzen schöpft er Wohlbefinden. Der Moosbewuchs an Bäumen zeigt ihm die Himmelsrichtung. Aus Urin destilliert er Trinkwasser und legt glaubhaft dar, dass eine einzige Weide am Flüsschen Kyll mehr Einwohner hat als Lissingen und das benachbarte Gerolstein zusammen. Überhaupt ist er der Meinung, dass man Bäumen Namen geben sollte. Für ihn sind es Persönlichkeiten mit einem IQ weit über dem des Hirnmenschen. Dabei ist Bertram ein moderner Junge. Er liest französische Existenzialisten und hört Jazz von Miles Davis und Thelonious Monk. Bob Dylan und die Rolling Stones zitiert er aus dem Kopf und klampft dazu auf der Guitarre oder begleitet sich am Klavier. Die Freundin und Erzählerin sieht sich gerne an der Seite des Wurzel-Sepps und des Kuhdorf-Sartre. Von der Rolle einer Kuhdorf-Beauvoir ist sie allerdings überfordert.
Nach dem Abitur trennen sich ihre Wege. Er bleibt im Dorf, sie geht in den Süden Deutschlands, um zu studieren und zu arbeiten. Aber das Dorf lässt sie nicht los, auch wegen Bertram. Häufig kehrt sie zurück und bleibt oft wochenlang. Sie hängt an Bertram, nicht nur an seinen klugen Lippen und oft dunklen Worten. Am Ende aber wird sie doch sesshaft, im Süden, nicht wie eine Auswanderin, die ihr Glück gefunden hat, eher wie eine Heimatvertriebene, die ihres Glücks beraubt worden ist.

 

Eifel-Gold
Das Gold der Eifel ist nicht allein der goldgelbe Ginster im Mai. Das Gold der Eifel ist vor allem das Wasser unter der Erde, das in Gerolstein zum weltbekannten Sprudel wird, und das Vulkangestein über der Erde, das vielerorts abgesprengt und abgebaggert wird, um vor allem im Straßenbau verbraucht zu werden. Die Abbauprozesse haben im 20. Jahrhundert dank technologischer Neuerungen eine Gründlichkeit und Schnelligkeit gewonnen, die uns Zeitgenossen zu einer unerhörten Zeugenschaft zwingt: Berge, mit denen Hunderte von Generationen gelebt haben, werden binnen einer Generation zum Verschwinden gebracht. Das Gesicht der Landschaft wird zerstört. „Diese sanften Linien, sie sind wie ein Magnet“, schwärmte einst Walter Schenker. Zufluchtspunkte und Erholungsstätten, magische Orte für Generationen von Kindern, der Unterschlupf von guten und bösen Geistern, das Zuhause von essbaren Wurzeln und färbenden Blaubeeren – was immer die bewaldeten und von Höhlen durchdrungenen Vulkanhügel mit ihrer eigenen Fauna und Flora für die Eingesessenen waren, heute sind es nur noch Materiallager für Lava und Splitt, für Bims, Basalt und Tuff.

 

Und die Leute vor Ort?
Dass Menschen sich anmaßen, „alles zu besitzen, über alles zu verfügen, über Meer und Luft, über Tiere und Pflanzen, selbst über unsere Berge“, ist für Bertram der Anlass, Widerstand zu leisten, auch wenn er dadurch zur komischen Figur wird, denn im Dorf trifft er auf taube Ohren. Was ist schon ein nutzlos herumstehender Wöllersberg gegen die vielen sechsspurigen Autobahnen, die man bei uns und in China daraus machen könnte! So ein Berg, sagen die Leute, ist dazu bestimmt, abgeräumt zu werden. „So wie ein Schwein zum Schlachten da ist.“ Dass Schweine nachwachsen, Berge aber nicht, lässt man außer Betracht.

 

Nutzung ohne Pflege ist Raub
Mit Blick auf die legendäre 11. Feuerbachthese von Karl Marx hat der Philosoph Odo Marquard folgende Variante formuliert: “Die Philosophen haben die Welt nur verschieden verändert; es kommt aber darauf an, sie zu verschonen.” Sie pfleglich zu nutzen, sollte man besser sagen. Verschonung ist Utopie, Nutzung ist unausweichlich, aber Nutzung ohne Pflege ist Raub. Das alttestamentliche Gotteswort „Macht euch die Erde untertan“ wird bis in unsere Tage im Modus des Raubs vollzogen, nicht im Modus der Schonung und Nachhaltigkeit. Sich die Erde untertan machen heißt sie auszuplündern und verhunzt zurückzulassen. Man hat zwar keine zweite Erde in petto, dafür aber den Mars vor Augen, zu dem es sich in zivilisatorischer Mission aufzumachen gilt. Bertram wird nicht müde, im Fortschritt den Rückschritt zu erkennen, im Wohlstand die Armut, in der volkstümlichen Zuversicht („Unkraut vergeht nicht!“) die gesteuerte Verblendung. Sein Versuch, eine Pflanzen-RAF aus den Giftpflanzen der Gegend – Tollkirsche und Bilsenkraut, Eisenhut und Herbstzeitlose, Seidelbast und Eibe – in den Guerillakampf gegen das Ausbeuterpack zu schicken, hat etwas rührend Ohnmächtiges. Aber wer weiß. Vielleicht bringt es die Enkel von Ulrike Meinhof auf neue Gedanken. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

Naseweis
Immer wenn’s ins Kleinteilige geht, ins Detaillierte, entwickelt der Roman seine besonderen Stärken. Wie die gefährdeten Tiere und Pflanzen am geliebten Wöllersberg beschrieben, klassifiziert und sinnlich charakterisiert werden, das ist für den Leser sowohl lehrreich als auch eine Aufmunterung. Man möchte von der Lektüre aufstehen und schnurstracks in den Wald laufen, um nur noch zu schauen, zu riechen und zu schmecken.
Die Erzählerin kennt sich aus. Von dem, was kreucht, fleucht und floriert, weiß sie nicht nur die hochdeutschen, auch die lateinischen und sogar die moselfränkischen Namen. Aber Sprachmacht genügt nicht, um bedrohte Arten zu retten. Sie befeuert, leider auch, eine unterschwellige, avantgardetypische Arroganz: Würde sich die Welt nach uns richten, ginge es ihr besser. „Vor uns die Sintflut“, posaunt Bertram. Und man hört förmlich mit: „Sage hinterher niemand, wir hätten es nicht gewusst und euch davor gewarnt.“

 

Im Kontext
So wie man einen Berg, so kann man auch ein Buch „abtragen“. Indem man es liest. Aber am Ende der Lektüre ist das Buch, wenn es gut ist, gewachsen und größer als am Anfang. Während der Berg geköpft daniederliegt. Ute Bales‘ Roman gehört in die Reihe der bedeutenden Gegenwartsromane über die Eifel. Dem Leser drängen sich Assoziationen zu Alfred Andersch („Winterspelt“, 1974), Walter Schenker („Eifel“, 1982) und Norbert Scheuer („Der Steinesammler“, 1999) auf. Bertram M. steht an der Seite von Anton Braden („Steinesammler“), Jakob Simonis („Eifel“) und, nicht zu vergessen: Klaus Henkes, der Schmerzensmann aus Ute Bales‘ Debüt „Der Boden so dunkel“, 2006. Vier Mannskerle, die mit der Eifel geschlagen und von ihr gezeichnet sind. Alles „sinn reiche köpff“, wie Sebastian Münster 1544 über die Eifler schrieb, aber ob der widrigen Umstände zu Tode betrübte Melancholiker.

 

This ist he end, my only friend, the end
Früh im Buch heißt es, Bertram sei verschwunden. 200 Seiten später, das Buch neigt sich dem Ende, ist er noch immer verschwunden. Nach allem, was wir in der Zwischenzeit erfahren haben, dürfen wir annehmen, dass Bertram nicht tot, sondern auf der Suche ist. Von Kindesbeinen an war er auf der Suche. Wonach? Nach einem wirksamen Mittel gegen die fatale Angewohnheit, dass Menschen ihrem Wunsch nach Frieden und Wohlergehen permanent zuwiderhandeln und mit großer Leidenschaft an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen. Gegen die Lust am Untergang, fürchtet Bertram, ist kein Kraut gewachsen.
„Zu fehlen scheint Bertram niemandem“, sagt am Ende die einzige, die ihn vermisst, eine Heimatvertriebene, die in Freiburg fröstelt, obwohl es dort immer ein paar Grad wärmer ist als im übrigen Land.

 

 

 

 

 

Im Treibsand

Zu Ute Bales‘ neuem Roman „Am Kornsand“

Von Klaus Hansen

 

Der Sachverhalt
Am 21. März 1945 erschießt der aus Mayen in der Eifel stammende Hans Kaiser, 18 Jahre jung und doch schon Leutnant der Wehrmacht, auf der Gemarkung Am Kornsand, die auf der rechten Rheinseite gegenüber dem pfälzischen Oppenheim liegt, 6 Zivilisten auf Befehl seiner Vorgesetzten. Die fünf ermordeten Männer werden bezichtigt Fahnenflüchtige und Kommunisten zu sein; die ermordete Frau sei eine Jüdin gewesen. Die Tat geschieht, während auf der anderen Rheinseite die amerikanische Armee dabei ist, den Fluss zu überqueren, also am Vorabend der totalen Kapitulation und dem Verschwinden des Deutschen Reiches von der politischen Landkarte.
Der minderjährige Täter wird 1949 zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Presse berichtet. Die Öffentlichkeit nimmt Notiz. Das Leben geht weiter, auch für Hans Kaiser, der bald zur Außenarbeit eingesetzt und 1955 begnadigt wird. Dann holt er das Abitur nach und steigt zu einem wohlhabenden Geschäftsmann auf. Er gründet eine Familie. Ehefrau und Kinder, insbesondere Tochter Helga, neben Hans Kaiser die zweite Protagonistin des Romans, wissen von der Vergangenheit des Ehemanns und Vaters nichts, bis die Zeitschrift „Stern“ anlässlich des 40. Jahrestags des Verbrechens, 1985, ein Thema daraus macht.

 

Die Hauptfiguren
Tochter Helga ist ein schmächtiges, neurodermitisch geplagtes Kind, das sich in seiner ewig juckenden Haut nicht wohlfühlt. In den 1970er Jahren befindet sie sich in dem Alter, in dem ihr Vater in den 1930er Jahren war. Sie wird zur Erholung an die gute Nordseeluft geschickt und erlebt im Erholungsheim auf Föhr die Hölle der schwarzen Pädagogik. „Hinsetzen. Mund halten. Aufessen.“ Gehorchte man nicht, setzte es sadistische Strafen. Und das mitten in der antiautoritären 68er-Zeit! Sie kehrt nach vielen Wochen in Kur als deprimiertes Kind nach Hause zurück. Ihre Haut juckt, wie immer; sie kratzt sich blutig, wie immer. Helga ist nervös und schreckhaft. Das Irgendwie-Gefühl, nicht am rechten Platz zu sein, nagt an ihr
Vater Hans erlebt in den 30er Jahren eine nicht minder schwarze Pädagogik bei seiner Erziehung zum Pimpf, HJ-Führer und später zum Wehrmachtssoldaten. Aber er genießt die autoritäre Hand, unterstellt sich gern den Befehlen, liebt es hart rangenommen zu werden und ist überzeugt, dass Schmerz und Leid ihn stählen, um im Kampf für Volk, Vaterland und Führer seinen Mann zu stehen. Früh wohnt er standrechtlichen Erschießungen von „Volksschädlingen“ bei; sie werden zum Teil des Tagesgeschäfts.

 

Das Medieninteresse
Die Zeitschrift „Stern“ macht aus Anlass des runden Jahrestages der „Kornsandmorde“, wie sie nun heißen, die Taten des Vaters ein zweites Mal öffentlich. Für die Familie ist es das erste Mal. Namentlich Tochter Helga glaubt nun den Schlüssel gefunden zu haben für ihr tiefes Unwohlsein in ihrer Haut und in der Welt: Das Schweigen des Vaters. Warum hat sie von alledem nichts gewusst? Zwanzig Jahre mit einem Mörder an einem Tisch und keinen blassen Schimmer! Man hat zu Hause durchaus über die Kriegszeit geredet, besonders, wenn Besuch kam, aber dann in der Hauptsache über die erfrorenen Zehen von Onkel Friedhelm im Kessel von Stalingrad. Helga ahnt Böses: Zwar hat Vater seine Strafe abgesessen, aber dass er sie verdient hat, glaubt er bis heute nicht. Er hat nur auf Befehl gehandelt. Hätte er es nicht getan, hätte es ein anderer gemacht und ihn gleich mit erschossen. - Der „Stern“-Artikel macht 40 Jahre später nichts besser. Die Tochter, inzwischen antifaschistisch engagiert und friedensbewegt, aber immer noch mit aufgekratzter Haut, kommt mit dem Vater nicht ins Gespräch.

 

Soziale Vererbung
Hans Kaiser hatte gehofft, dass mit der Zeit Gras über die Sache wächst. „Was lange her ist, ist nicht einmal mehr halb wahr“, sagt er, und wir hören die unausgesprochene Fortsetzung: „Und was noch länger her ist, ist nicht geschehen.“ Ute Bales hält es dagegen mit William Faulkner und Christa Wolf: „Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen.“
Wenn Schuld nicht eingestanden und eingesehen, sondern verdrängt wird, müssen auch Kinder und Kindeskinder darunter leiden. Die uneingestandene erste Schuld gebiert eine zweite Schuld und neue Opfer.
Gerade im ersten Jahrzehnt der neuen Bundesrepublik war diese Art der Verdrängung aber auch eine enorme Energiequelle: Man stürzte sich mit allem, was man hatte, in Wiederaufbau und „Wirtschaftswunder“, um guten Gewissens vergessen zu können.
Der Roman ist auch eine Beschreibung des psychologischen Vorgangs der „transgenerationellen Weitergabe“ der Folgen von unabgetragener Schuld. In dieser Funktion ist er eine belletristische, das heißt veranschaulichende Ergänzung der Fachliteratur über die soziale Vererbung von Traumata.

 

Die Tochter: Opfer der zweiten Schuld des Vaters
In ihren Alpträumen begegnet Helga immer wieder einem Mann, der mit Schlägeln aus Knochen auf dem „hölzernen Gelächter“ spielt, wie das Xylophon im Volksmund heißt. Er trifft keinen Ton richtig und richtet ein fürchterliches Charivari an. Man stellt sich einen herumgeisternden Alträucher und Abdecker vor: „Knochen, Lumpen und Papier, ausgeschlagene Zähne sammeln wir". Helga selbst fühlt sich als Abdeckerin ihrer selbst. Sie schält sich die juckende Pelle vom Leib. Oh Haut voll Blut und Wunden, möchte man in der Karfreitagssprache klagen. – Ist der Knochenjupp mit seiner Katzenmusik eine Allegorie des Vaters?
Das Beschweigen der eigenen Taten richtet sich auch gegen den Schweigenden. Er wird hartherzig und streng. Helga erinnert sich nicht, je auf dem Schoß des Vaters gesessen zu haben. Hat er sie auch nur einmal in den Arm genommen? Andererseits konnte Vati über alle Maßen großzügig sein, wenn es um Dinge ging, die sich mit Geld kaufen ließen. Ablasshandel? - Verdrängung und Kaufkraft gingen in der jungen Wohlstandsgesellschaft eine seltsame Verbindung ein.

 

Die Menschlichkeit der Unmenschlichkeit
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, so lautete die Anklage gegen Hans Kaiser 1948.
Ute Bales rückt die Menschlichkeit der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Mittelpunkt. Das hat sie schon im Vorgänger-Roman „Bitten der Vögel im Winter“ (2018) getan.
Die Täter, die Barbaren, das sind, bei allem, was sie getan haben, Menschen wie du und ich und keine Aliens. Man spürt, dass die 1961 in der Eifel geborene Autorin sich lieber nicht vorstellen möchte, was aus ihr geworden wäre, wenn sie 1926, wie Hans Kaiser, auf die deutsche Welt gekommen wäre. Wo soll der innere Kompass herkommen, der dir sagt, dass du nicht töten darfst, wenn dir durch paramilitärische Früherziehung das Gegenteil eingepflanzt worden ist?
Der Mensch als das „nicht festgestellte Wesen“ (Helmuth Plessner) ist ein schwaches, weil alloplastisches Wesen. Das macht ihn schutzbedürftig. Man hüte sich vor Einflüssen, die auf unsere Schwächen zielen, um uns einzureden, wir seien die Stärksten und Größten. Diesen Einflüssen widerstehen wir nicht. Wir lassen uns treiben, getrieben von der schönen Illusion, und schwimmen mit dem Strom. Dagegen zu sein, gegen den Strom zu schwimmen, das schaffen die wenigsten, auch wenn die meisten sich einbilden, sie könnten es im Falle des Falles doch. Also meide das Wasser, wenn du doch weißt, dass du eine Schwäche zum Treibgut hast! - Eine implizite Botschaft des Romans.

 

Sachliches Mitleid
Darf man mit Tätern Mitleid haben? Man sollte!
Nicht, um die Taten zu entschuldigen, sondern um Zugang zum Täter zu finden und zu verhindern, dass er durch starrsinniges Abblocken und Bagatellisieren weitere Opfer macht, vor allem unter seinen Nächsten.
Sartre hat einmal geschrieben, jeder könne aus dem, was man aus ihm gemacht hat, etwas machen. Das gilt auch für einen politisch motivierten Sechsfachmörder von 18 Jahren. Aber vielleicht kann er es nicht aus eigener Kraft.
Die Sprache des Täter-Mitleids, die Ute Bales pflegt, scheint dem Grundsatz Rudolf Augsteins zu folgen: „Schreiben, was ist!“ ist. Auflisten, protokollieren, festhalten. Die Verhältnisse im Krieg sind mitleiderregend genug. Keine Gefühlsschwurbeleien, keine belehrenden Wertungen, keine Besserwisserei aus sicherer Entfernung. Der Verdacht, das Mitleid mit Sympathie verwechselt werden könnte, kommt gar nicht erst auf. Das Buch ist im Ton einer Empathie gehalten, die am Menschsein interessiert ist. Die Conditio humana ist sein Thema.

 

Vergangenheitsbewältigung
An einer Stelle des Romans heißt es: Die Ehefrau will keinen Mann, der ein Mörder ist. Die Tochter will keinen Vater, der ein Mörder ist. Und der Mörder selbst will kein Mörder sein. – Drei Personen und zwei Generationen wollen nur eines, warum kommen sie nicht überein?
Hans Kaiser hat die Strafe für seine Taten zwar verbüßt, aber die Taten nicht „verarbeitet“. Kann man ihm dabei helfen? Auch helfen, dass er sich helfen lässt? Seine wiederholt geäußerte Aufforderung, nicht länger nach hinten zu schauen, sondern die Augen nach vorne zu richten, enthält für den, der zu hören weiß, nicht nur feigen Eskapismus, sondern auch das Angebot, sich auf ein „Nie wieder“ zu verständigen. Aber dazu braucht es Vertraute, die das Angebot erkennen und den Weg mitgehen. Unter den Opfern seiner zweiten Schuld findet Hans Kaiser diese Vertrauten nicht. Die Straftaten kann er nicht rückgängig und ungeschehen machen, was er nur allzu gerne täte, aber er kann dazu beitragen, dass sie nicht ein weiteres Mal geschehen, nicht durch ihn, sondern durch andere Irregeleitete und Verblendete. Das wäre eine ehrenwerte Aufgabe für einen Holocaustüberlebenden von der Täterseite.
Der Dokumentar-Roman „Am Kornsand“ gibt uns Nachgeborenen zu denken.

 

Klaus Hansen, im April 2023

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieses Buch setzt neue Maßstäbe in der ostbelgischen Literatur

 

Besprechung des zweiten Romans „Schattenkinder“ von Marcel Bauer

 

Die Aufarbeitung eines bedeutenden regionalhistorischen Kapitels

 

Ich habe bereits einige Bücher des Eupener Autors Marcel Bauer mit Interesse gelesen. Waren es früher anspruchsvolle Sachbücher (u.a. über den Architekten Johann Joseph Couven, über den Eupener Karneval oder „Das gläserne Gedächtnis“ über die Sammlung Franken), so sind es seit einigen Jahren Romane. Nach „Shango - Im Bann des Voodoo“ legte der Schriftsteller im letzten Sommer mit „Schattenkinder“ seinen zweiten Roman vor.
Von den vielen Aspekten des Holocaust, die die Forschung und die Belletristik in den letzten Jahrzehnten aufgearbeitet haben, ist einer vielfach übersehen und weithin unbekannt geblieben: die Rettung tausender jüdischer Kinder in Belgien während der deutschen Besatzungszeit. Dieses Vakuum wurde mit dem Roman „Schattenkinder - Eine Kindheit im Krieg“ geschlossen.

 

Antisemitismus
Die Thematik des spannenden Romans ist heute relevant, da antisemitische Vorurteile noch immer präsent sind. Sie sind langlebig genug, um immer wieder neue Generationen von Menschen zu erreichen, unabhängig davon wo sie leben und welche politischen Auffassungen sie haben. Antisemitische Schmierereien und Verwüstungen, verbale und tätliche Angriffe auf jüdische Mitmenschen kommen auch heute noch vor. Die Zahl der antisemitischen Vorfälle hat sich beispielsweise in Deutschland im letzten Jahrzehnt nahezu verdoppelt.
Deshalb sollte man m.E diesen Roman von Marcel Bauer als Pflichtlektüre für hiesige Mittelschüler einführen, zumal die auf Tatsachen beruhende Geschichte in unserer Region spielt und der Preis des umfangreichen Taschenbuches sehr sozial ist. Dieses Buch könnte dazu beitragen, unangebrachte und unberechtigte Vorurteile gegenüber Juden abzubauen.

 

Familiensaga
Die Idee zu seinem Roman kam dem Autor vor zwanzig Jahren, als er im Auftrag des WDR in den Ardennen den Kurzfilm „Verlorene Kinder“ über das Schicksal von Überlebenden des Holocaust und ihren Helfern drehte. Marcel Bauer schildert das Schicksal der jüdischen „Schattenkinder“ am Beispiel des kleinen Joshua Rozenberg. Dank zahlreicher authentischer Quellen entstand eine jüdische Familiensaga. Die Familie Rozenberg stammte aus Lodz. Als Mitte der 30er Jahre in Polen der Antisemitismus um sich griff, beschloss sie auszuwandern. Während der Olympiade von 1936 reiste sie mit einem Touristenvisum ins Deutsche Reich ein und gelangte mit Hilfe von Schleppern über die grüne Grenze in der Eifel nach Belgien. Joshuas Vater Ariel eröffnete in Seraing, einer Industriestadt an der Maas, eine Metzgerei.
Als 1942 in Belgien die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ anlief, wurden Joshua und sein Bruder Menahim zunächst in einem Wallfahrtsort versteckt. Danach lebten sie unter den Namen Pierre und Jean-Marie Thonnar in dem 350-Seelen-Dorf Stoumont in den Ardennen, wo der Pfarrer Marcel Stenne eine Ferienkolonie unterhielt. Fünfzehn bis zwanzig jüdische Jungen zwischen zehn und vierzehn Jahren wurden dort versteckt. Bei den Vinzentinerinnen, die im Dorf ein Erholungsheim unterhielten, überlebten weitere zwanzig bis dreißig jüdische Mädchen. Der Autor schildert detailreich den Kriegsalltag der Kinder und die ständige Bedrohung als flüchtige Juden enttarnt zu werden. Im Dezember 1944, als der Krieg schon vorüber schien, holte er Joshua noch einmal ein, denn in Stoumont wurde eine der blutigsten Schlachten der Ardennenoffensive geschlagen. Joshua und sein Plüschhase Roro, die wie durch ein Wunder dem Krieg und der Vernichtung entronnen waren, gerieten noch einmal zwischen die Fronten…

 

Exzellent
Ich habe den Roman „Schattenkinder“ im vergangenen Sommer in wenigen Tagen verschlungen. Er hat mich gefesselt bis zur letzten Seite. Hier stimmen nicht nur die regionalhistorisch brisante Thematik, sondern auch der logische Aufbau, die gekonnt inszenierten Spannungsbögen, der klare Schreibstil und nicht zuletzt die sozial-politische Botschaft. Diesen Eindruck bestätigte auch ein Leser, der dem Autor enthusiastisch schrieb: „Auf diesen Roman haben wir in Ostbelgien lange warten müssen...“. So fand das Buch in der kulturell tristen Corona-Zeit rasch viele Leser und liegt nun bereits in zweiter Auflage vor.
In meinen Augen setzt dieser exzellent geschriebene Roman von Marcel Bauer neue Maßstäbe in der ostbelgischen Literatur. Er gehört mit zum Besten, was je in der kleinen Deutschsprachigen Gemeinschaft verfasst worden ist. Dieser Roman wird sicherlich Erfolg haben und möglicherweise schon bald ins Französische übersetzt werden.

 

Gerd Havenith (Eupen)

 

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