Literatur und Sachbuch
 Modul-Rezensionen

Internierungslager war für Häftlinge die Hölle


Das Buch »Der Stuhl« beschäftigt sich mit schockierenden Erlebnissen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Algenroth


Idar-Oberstein. Einigen älteren Mitbürgern dürfte das Ende des Zweiten Weltkriegs im Frühjahr 1945 noch gut in Erinnerung sein. Die Deutschen mussten nun für die im Namen des NS-Regimes begangenen Gräueltaten büßen. Eine Art der »Buße« war die Verhaftung und Einlieferung unzähliger Frauen und Männern in die von den Siegermächten eingerichteten Internierungslager. Nur noch wenigen ist bekannt, dass eine solche Einrichtung in Idar-Oberstein existierte und weit über die Grenzen hinaus traurige Berühmtheit erlangte: das in der Stra?burgkaserne untergebrachte Internierungslager Algenrodt, ein lange verdrängtes und heute vergessenens Kapitel. Das Buch »Der Stuhl« beschäftigt sich nun mit der Thematik. Gerd Bayer aus Bausendorf in der Eifel, ehemals Lehrer an der Realschule Wittlich und leidenschaftlicher Regionalhistoriker, hat es geschrieben.

Im Stadtarchiv existieren nur wenige Unterlagen über dieses Lager, in dem etwa ein Jahr lng tausende von Menschen aus den Regionen Eifel, Mosel und Hunsrück unter unvorstellabren Bedingungen hausen und furchtbare physische und psychische Gewalt über sich ergehen lassen mussten. Das Algenrodter Lager wurde im Frühjahr 1946 aufgelöst und nach Diez an der Lahn verlegt.

Über vier Privatpersonen, die in den Lagern Idar-Oberstein, Diez/Lahn, Kobelnz (Nagelgasse) und Siesterhahn/Westerwald ein trauriges Dasein fristen mussten, erhilet der Autor Einsicht in brisantes Material, das ihn zur Verfassung des Werkes animierte. Bei den Personen, die anonym vorgestellt werden, handelt es sich um einen Eisenbahner, einen »Gelehrten« (in Wirklichkeit städtischer Angestellter) und einen ehemaligen Amtsbürgermeister. Lediglich die vierte Person, eine ehemaliger Botanikprofessor, wird mit vollem Namen genannt.

Das Material, das oft auf heimlichen und verschlungenen Wegen aus den Lagern nach draußen gelangte, erweist sich als eine hervorragende Quelle. Der Inhalt der Briefe und Berichte, lässt erschauern. Die Zustände in den genannten Lagern, wobei das Lager in Algenrodt als »Hölle von Idar-Oberstein« bezeichnet wird, übersteigen jegliche Vorstellungskraft.

Nach der willkürlichen Einlieferung in die Lager ohne vorherige Gerichtsverhandlung und ohne jeglichen Rechtsschutz mussten die Häftlinge die unmenschlichsten Quälereien seitens der Besatzer über sich ergehen lassen. Von den Besatzern, die »als Befreier kamen und Demokratie brachten«, wie es in einem Kassiber sarkastisch hieß. älte, Hunger, laufende Schikanen, unhaltbare hygienische Bedingungen, aber auch stupides Nichtstun den ganzen Tag über, hinterließen bei den Häftlingen Spuren.

Mehrere Male wird auch erwähnt, dass Deutsche, die in Diensten der Besatzungsmächte standen, rücksichtslos ihren Vorteil suchten und sich bei den Schikanen an ihren Landsleuten besonders hervortaten. Das Denunziantenwesen und das Schiebertum erfuhren eine traurige Blüte. Unter den Häftlingen befanden sich große und kleine Nazis, aber auch viel unschuldige Menschen, die niemals jemanden ein Leid zugefügt hatten. Das vergehen der drei anonym genannten Personen bestand darin, dass sie einfache »Mitläufer« waren. Sie traten, um keine beruflichen Nachteile erfahren zu müssen, 1933 in die NSDAP ein, zeigten dabei aber kein besonderes Engagement. Überleben konnten die Häftlinge diese Tortur unter anderem damit, dass sie in den Lagern einer geistigen Beschäftigung nachgingen. Dies geschah durch brieflichen Kontakt mit den Anghörigen draußen, was mit Schwierigkeiten verbunden war, oder sie schrieben Gedichte. Vor allem hierbei machten die Häftlinge in sarkastischer Form auf ihre Lage aufmerksam. Galgenhumor trug mit dazu bei, dass die Inhaftierten überlebten. Die Existenz ihrer FAmilien konnten die Häftlinge nach ihrer Entlassung und durch ihren oft sehr mühevollen Wiedereinstieg ins Berufsleben wieder sichern. Die Wunden, die ihnen das Schicksal zufügte, verheilten dagegen nie.

Manfred Rauscher

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