Einleitung
Im August 2014 hatte Nicholas Müller eine Idee: Im Zeitalter von SMS, Mails und – fast schon veraltet: Telefon und FAX – einfach mal wieder Briefe schreiben – im wahrsten Sinne sogar mit Siegel.
Briefe zwischen einem Eifeler, den es in die große, weite Welt nach Westfalen getrieben hat, und einem Eifeler, der im Weichbild geblieben ist.
Briefe und Postkarten mit kurzen Gedanken also zwischen dem Musiker Nicholas Müller und dem dreißig Jahre älteren Hubert vom Venn.
Lieber Nicholas,
ich finde Deine Briefwechsel-Idee ganz toll, habe mir da auch ein paar Gedanken gemacht: Ich nenne das Spinn-Phase, wenn ich die ersten Ideen (oft für den Papierkorb) sammele – hier so’ne Idee, wie ein Titel aussehen könnte. Jetzt müssen wir uns noch darüber austauschen, wie Du Dir die Inhalte vorgestellt hast. Schreibst Du aus Deiner Eifelzeit und ich wie es zu meiner Zeit 100 Jahre früher war? Schildern wir beide Jetzt-Zeit-Erlebnisse? Vergleichen wir Westfalen und Eifeler? Oder schwebt Dir was ganz anderes vor?
Viele Grüße
Hubert
Hallo Hubert!
So, endlich komme ich auch mal zu einer Antwort. Das Vatersein wirft meine Kreativphasen immer tiefer in die Nacht, aber eigentlich kenne ich es ja auch nicht wirklich anders.
Du gehst die Sache von einer sehr interessanten Seite an, die ich bisher noch gar nicht in Betracht gezogen habe: Eure Generation und meine Generation. Ich müsste halt in die Recherche gehen, was die Zeit nach Alt-68 angeht, ich bin ja Generation Tschernobyl, aber da kannst Du mir bestimmt sehr gut auf die Sprünge helfen!
Am Rande: Der Name Deiner Band, »Kiffing Embryo«, ist übrigens so bescheuert schön, herrlich!
Mein Ansatz war: Der Typ, der aus dem Eifel-Kosmos in die weite Welt (Westfalen! Hah!) gewandert ist, um dort festzustellen, dass er ein echter Underdog ist. Beispielsweise der Arztbesuch, bei dem dieser mich nach der Niederlassung meiner Krankenkasse fragt, ich »Prüm, in der Eifel« sage und er mich kurz mitleidig anguckt, um dann die Anamnese von einem ganz anderen Standpunkt aus anzugehen und mich erst mal nach meiner Erblinie zu fragen (Kennste ja: Stichwort Inzest). Woraufhin ich ihn damit beruhige, dass ich zu 50 Prozent Duisburger Blut in mir trage und er nur noch mitleidiger wird. Oder ich bin beim Zahnarzt und der packt erst mal die Vorletzte-Jahrhundertwenden-Edition seiner Werkzeuge aus.
Dann würde ich gerne eine fiktive Selbsthilfegruppe von Eifelern gründen, bei der wir das Für und Wider des Imperativs (Fress oder sterb!) und andere Unwegsamkeiten wie das
»Sch-Ch«-Problem besprechen, halt die kleinen Kruditäten, mit denen der Eifeler halt so zu kämpfen hat.
Und das berichte ich Dir halt, während Du mich über die politische, soziokulturelle oder wie auch immer geartete Lage in der Eifel auf dem Laufenden hältst und mir auch Deine Anekdötchen zum Besten bringst. Ich lache bei jeder einzelnen Deiner Kolumnen echt Tränen. Das ist so herrlich respektvoll respektlos auf den Punkt gebracht!
Kiffing Embryo, ey … Wo das wieder herkommt!
Ein Kuriosum am Rande, aus Deiner Amazon-Biographie:
»Seit 1912 tritt Hubert vom Venn solo auf.«
Tjifft jo! Du hast Dich echt gut gehalten, mein lieber Hubert! Haha!
Beste Grüße,
Nicholas
Lieber Nicholas,
1912! Ich erinnere mich noch genau. Ich trug damals einen völlig albernen Anzug, arbeitete als Truppenbetreuer und wollte mit einem Mühlenbesitzer aus Westfalen einen Briefwechsel veröffentlichen. Leider sind uns damals die Brieftauben ausgegangen. Da haben wir doch viel bessere Chancen …
Herzliche Grüße
Hubert
Lieber Hubert,
Du warst 1912 Deiner Zeit schon meilenweit voraus, zumindest, was die albernen Hosen angeht. Der neueste Scheiß sind nämlich Meggings. Leggings für Männer. Was leider kein Scherz ist. DAS sieht albern aus. Da ich ja weiß, dass die Eifel in Sachen Trends immer eine leichte Latenz vorzuweisen hat, schicke ich demnächst mal ein Beweisfoto. Mit ein bisschen Glück kommt das nie bei Euch an! Wenn doch, lache ruhig herzlich und offen darüber. Passt schon!
Beste Grüße,
Nicholas