Clara Viebig »Das schlafende Heer«
Preußisch-Polnischer Kulturkampf in Posen
Der alte Schäfer Kuba Dudek hat eine Vision, eine Vision, wie seine Heimat wieder polnisch werden könnte. Denn zur Zeit des Romans (1904) gab es keinen polnischen Staat. Polen war aufgeteilt zwischen Russland, Österreich-Ungarn und Preußen. In der preußischen Provinz Posen versuchte die Berliner Regierung mit einer immer konsequenteren Germanisierunspolitik, die polnische Sprache und Kultur der Mehrheitsbevölkerung zurückzudrängen. So sollte z. B. in der Schule nur auf Deutsch unterrichtet werden.
Die Situation von damals erinnert fatal an die Auseinandersetzungen in ehemaligen Sowjetrepubliken, die heute Nationalstaaten sind: Litauen, Lettland, Estland und die Ukraine. Damals wie heute geht es um Kultur und Sprache, die den kleinen Völkern genommen werden soll.
Clara Viebig gelingt in diesem Roman eine lebendige Darstellung des Posener Landlebens im Übergang des 19. zum 20. Jahrhundert. Vor allem die Standesunterschiede zwischen kleinadligen Gutsbesitzern, polnischen und deutschen, sowie ihren oft analphabetischen, hörigen Landarbeiterfamilien, sind noch deutlich vom Feudalismus geprägt. Die deutschen Siedler, von der preußischen Verwaltung angeworben, fühlen sich als freie Bauern und wirken dabei in der Gesellschaft wie ein Fremdkörper.
Clara Viebigs Sympathie für die einfache polnische Landbevölkerung, aber auch für die rheinische Aussiedlerfamilie Bräuer, macht sie schon zu jener nationalistischen Zeit zu einer europäischen Autorin.
Clara Viebig, geb. am 17.7.1860 in Trier, gestorben am 31.7.1952 in Berlin. Seit 1897, als mit den Novellen »Kinder der Eifel« und dem Roman »Rheinlandstöchter« ihre ersten Bücher erschienen, hat Clara Viebig die Aufmerksamkeit eines breiten Lesepublikums geweckt und mit immer neuen Werken über Jahrzehnte erhalten. Viele ihrer Romane und Erzählungen spielen im Rheinland und in der Eifel, andere in Berlin und, wie dieser Roman, im Posener Land.
»Das schlafende Heer« war seinerzeit ein Beststeller und erlebte in drei Jahren 27 Auflagen.
Clara Viebig »Das schlafende Heer« • Rhein-Mosel-Verlag, Zell/Mosel
Broschur • 394 Seiten • ISBN 978-3-89801-126-6 • 14,90 Euro
Rhein-Mosel-Verlag, Brandenburg 17, 56856 Zell/Mosel, Tel. 06542-5151
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