»Der Stuhl«, Gerd Bayer
»Ihr müsst büßen … büßen«. Der Untertitel macht es auf drastische Weise deutlich: Die Deutschen mussten nach dem Krieg für all das büßen, was ein verbrecherisches System an Greueltaten begangen hatte. Hunderttausende, Männer und Frauen, verschwanden für Monate, ja für Jahre in Internierungslagern. Berüchtigt war das Lager in Idar-Oberstein, in dem besonders brutal geschlagen und getötet wurde.Das Lager Diez zermürbte die Inhaftierten durch ein zwangsweises Nichtstun, durch Kälte, Hunger und mangelhaften Kontakt mit ihren Familien.Der »Nagelsgassenbunker« in Koblenz war frühes Lager, aber kalt, eng und dunkel. »Politische« waren in qualvoller Enge mit Kriminellen untergebracht. Einige Inhaftierte werden in diesem Buch vorgestellt, aber anonymisiert: ein ehemaliger Amtsbürgermeister, ein Gelehrter, ein Eisenbahner und ein Botanik-Professor. Sie schufen sich unter den erbärmlichen Umständen der Lager individuelle Überlebensstrategien. Vom Dichten unter schwarzem Humor, über eine umfangreiche Korrespondenz mit seiner Familie, herrlicher Naturlyrik oder künstlerischem Portraitieren reicht der Bogen ihrer Tätigkeiten.Das Buch beleuchtet aber auch das Leben der Daheimgebliebenen, der Frauen und Kinder. Sie litten materielle Not und erlitten eine beispiellose Verachtung von denen, die das Glück hatten, nicht in der NSDAP gewesen zu sein. Der Stuhl selbst bildet die Rahmenhandlung. Aber er spielte einem Menschen eine wichtige Rolle. Sein Besitzer, gebrochen wie alle, die aus der Internierung nach Hause entlassen wurden,verbrachte auf ihm die letzten Jahre seines Lebens, quasi auf den Tod wartend.
Broschur • 112 Seiten
ISBN 978-3-89801-059-7
9,90 EUR