Roman Schafnitzelliest im Dahner Bürgersaal aus seinem prämierten Debütroman
"Sale Boche" und "Malgre-Nous" Autor Roman Schafnitzel zeigt an hand der Begriffe die Zerrissenheit der lothringischen Grenzbevölkerung auf, die in seinem Debütroman im Mittelpunkt steht.
Einen authentischen Einblick in das
Leben an der deutsch-französischen
Grenze in den vergangenen 90 Jahren bot am Donnerstagabend der
Autor Roman Schafnitzel im Bürger
saal der Verbandsgemeindeverwaltung in Dahn. Er las aus seinem Erstlingswerk "Am siebten Tag erschuf
Gott die Vergänglichkeit", der im
Jahr 2013 mit dem Literaturpreis
Debüt des Literaturwerks und des
Schriftstellerverbandes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet wurde.
Schafnitzel zeichnet in dem Roman
das Leben seines "Schwiegeropas"
nach, der 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, in Lothringen geboren wird.
Schonungslos skizziert Schafnitzel
das damalige Leben, in der der Ehe
mann mit "Rouge" im nahen Gasthaus
auf die Geburt des achten Kindes anstößt, während die Frau zu Hause mit
Unterstützung der Nachbarin den
Jungen gebärt, um sich gleich darauf
mit der Sorge zu tragen, wie sie ihn
satt bekommen soll. Schafnitzel erzählt von der Evakuierung der Familie
vor dem Zweiten Weltkrieg in die pa
radiesisch erscheinende Gegend um
Bordeaux und dem umso tieferen Fall
in die Realität, als man zweijahre spä
ter in die Heimat zurückkehrt und
dort das Wohnhaus verwüstet und -
von Deutschen wie Franzosen - geplündert vorfindet. Und er nimmt den
Leser mit in das dunkle Erdloch unter
dem Küchentisch, das der Vater, so
rau er auch gewesen sein mag, heimlich gegraben hatte, um den Sohn dort
über ein halbes Jahr zu verstecken,
nachdem dieser das Grauen an der
Ostfront erlebt hatte und bei einem Heimaturlaub desertiert war.
Dem Autor, der selbst in Lothringen
lebt und an der Integrierten Gesamtschule Waldfischbach-Burgalben als
Lehrer tätig ist, gelingt es in seinem
Werk, die Heimatlosigkeit der lothringischen Grenzbevölkerung aufzuzeigen - hin und her geschubst im Irrsinn der wechselnden Zugehörigkei
ten zu Frankreich oder Deutschland.
Vom Deutschen Reich als "Volksdeutsche" tituliert, von der französischen
Bevölkerung als "Sale Boche" - "dreckiger Deutscher" - beleidigt, sehen
sich die Grenzgänger. selbst als "Malgre-Nous" (wider unseren Willen), die von Nazi-Deutschland
zwangsrekrutiert wurden - und stoßen dabei weder hier noch dort auf
großes Verständnis.
Schafnitzel macht anhand des
Schicksals deutlich, welche Kraft in
den handelnden Personen jener Zeit
steckte - gerade in den Frauen - und
wie groß die Anstrengungen in den
Familien waren nach den Kriegen ei
ne neue Identität, eine neue Heimat
zu finden und ihren Alltag mit Lebensqualität zu füllen.
Noch in diesem Oktober erscheint unter dem Titel "Kreuzungen" das zweite Buch von Roman Schafnitzel. Der Autor selbst sieht dies gewissermaßen als Fortsetzung seines ersten Romans. Im Mittelpunkt stehen dabei Beziehungen im Nachkriegsdeutsch land.
VON HOLGER KELLER