Erinnerungen an ein großartiges Projekt
Gisela Lohmüllers blickt in einem Buch auf ihre Flüchtlingsarbeit in Perl zurück
Menschen, die aus Krisengebieten zu uns flüchten, gab es schon vor Jahrzehnten. Eine der engagiertesten Helferinnen für Flüchtlinge in der Region, Gisela Lohmüller, blickt in einem Buch auf ihre Unterstützungs-Arbeit zurück.
Perl. Über 30 Jahre ist es her, da kamen auch, wie heute, Flücht-lingsströme an die Saar. Menschen aus den Krisengebieten in Vietnam, Sri-Lanka, Afghanistan, Jugoslawien zum Beispiel waren das damals. Die Gemeinden hatten die Flüchtlinge aufzunehmen - Familien, viele junge Männer - und zu versorgen. Das geschah mal so, mal so: mal mit Engagement und Anteilnahme, mal halbherzig, weil's nun eben sein musste.
Ein Musterbeispiel war die Gemeinde Perl an der Mosel - denn da lebte Gisela Lohmüller. Die gebürtige Westfälin, 1937 geboren, hatte es an die Obermosel verschlagen, weil ihr Mann hier Lehrer war. Zwei Kinder hatte sie, arbeitete einige Zeit als Religionslehrerin an der Grundschule in Besch und, nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes, ehrenamtlich als Mitarbeiterin der Christlichen Erwachsenenbildung im Kreis Merzig-Wadern. Da organisierte sie Begegnungen mit israelischen Lehrergruppen und deutschen Familien, Ausstellungen israelischer Künstler und pflegte viele weitere Kontakte mit Israel. Dann kam in den 80er Jahren die Flüchtlingswelle. Gisela Lohmüller hat sich schon bald mit ganzer Kraft für die fremden Menschen eingsetzt, die es nach Perl verschlagen hatte. Sie hat Kontakte hergestellt, Wohnungen organisiert und eingerichtet, dafür gesorgt, dass Frauen bei Schwangerschaft und Geburt Hilfe erhielten, die Kinder Sprachunterricht bekamen. Gisela Lohmüller war in diesen Jahren die Ansprechpartnerin für Afghanen, Jeziden, Tamilen und Roma - wenn Abschiebung drohte oder finanzielle Schwierigkeiten zu bewältigen waren.
Vor allem aber: Sie schaffte es, Lehrerinnen für die Flüchtlinge zu gewinnen, die Sprachunterricht gaben. Die „Schule im Wohnzimmer" war einmalig im Saarland. Ihr großes Ziel war: Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Sie hat sich dabei nicht überall auf deutscher Seite beliebt gemacht - aber die meisten Einheimischen haben ihr geholfen und sie unter-stützt bei ihrer Aktivität. Sie hat alle Arbeit ehrenamtlich getan, ohne jede Bezahlung. Dann wurde sie krank und ging schließlich nach Israel, wo sie viele Jahre in der Celleratur von zwei Benedik-tinerklöstern in Tabgha und Jerusalem gearbeitet hat.
Heute lebt sie in Trier - und hat jetzt ein Buch herausgegeben mit ihren Tagebuchnotizen aus der Perler Flüchtlings-Zeit. „Miteinander in guter Nachbarschaft" heißt es. Untertitel: „Tagebuch, der Flüchtlingsbetreuung in einer Gemeinde" - Modell-Projekt „Schule im Wohnzimmer".
Von SZ-Mitarbeiterin Traudl Brenner